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Schlaganfall?!

Es ist etwa 11:00 Uhr morgens, als ein etwas älterer Herr mit der EMT auf die Notaufnahme gebracht wird. Die Verdachtsdiagnose: Schlaganfall!

Der Patient spricht nur taiwanesisch, seine Familie übersetzt daher für ihn. Ob die Sprache verwaschen ist, kann ich nicht beurteilen. Die Familie gibt an, dass der Patient sich gegen 6 Uhr in der Früh nicht sehr wohl gefühlt hätte und ihm leicht schwindelig gewesen sei, er sich aber dann schlafen gelegt hätte. Als er um 8 Uhr aufwacht fühlt er sich immer noch nicht besser und ruft seine Familie um Hilfe.

Gegen elf Uhr wird der Patient dann bei uns in die Notfallaufnahme gebracht. Der schief herunterhängende Mundwinkel, das Nicht-Bewegen-Können der linken Hand und ein Neglect (Hierbei führt eine Läsion in einer Hirnhälfte, dazu dass die gegenüberliegene Körperhälfte vermindert oder gar nicht wahrgenommen wird) verstärkten die ursprüngliche Diagnose.

Als nächstes wurde dann vom Neurologen der Glascow Coma Scale erhoben. Dabei handelt es sich um eine einfache Methode mit der der Bewusstseinszustand des Patienten beurteilt werden kann. Hierfür werden drei Punkte evaluiert: Augen öffnen, Sprechen und motorische Reaktionen. Dabei kann man zwischen 3 und 15 Punkten erreichen.

Unser Patient öffnete die Augen nur auf Schmerzreiz (2 Punkte), war konversationsfähig aber desorientiert (4 Punkte) und seine motorische Reaktionsabwehr würde ich am ehesten als gezielte Schmerzabwehr bezeichnen (5 Punkte). Damit erreicht er insgesamt 11 von 15 Punkten.

Anschließend wurde ein CT gemacht in dem sich zeigte, dass die Ateria cerebri media verschlossen war. Der Verdacht auf einen Schlaganfall bestätigte sich hiermit. Das bedeuted für den Patienten, dass große Teile seines Gehirns nicht mehr mit Sauerstoff versorgt werden können und wenn die Gefäße nicht schnellstens wieder geöffnet werden, aufgrund des Sauerstoffmangels absterben können.

Nun war Eile geboten! Zeit ist Hirn! Jede Sekunde zählt. Doch zuerst musste die Familie noch eine schwierige Entscheidung treffen: Wollten Sie das Risiko einer mechanischen Thrombektomie eingehen oder versuchen mit reiner medikamentöser Therapie den Thrombus (also das Blutgerinsel, welches das Gefäß verstopft) aufzulösen?

Die medikamentöse Therapie – die systemische Thrombolyse mit rt-PA – sollte möglichst innerhalb der erst viereinhalb Stunden nach Auftreten der Schlaganfallsymptome eingesetz werden. Der Patient hatte die ersten Symptome laut angaben der Familie aber bereits vor fünfeinhalb Stunden. Er war demnach für diese Form der Therapie schon etwas spät dran.

Die mechanische Therapie hat hingegen ein etwas größeres Behandlungszeitfenster. Zwischen sechs und acht Stunden nach Auftreten der Symptomatik sollte hier mit der Therapie begonnen werden. Hierbei wird vom Arzt in der Leistenregion ein sehr dünner Katheter in die Ateria femoralis eingeführt. Dieser wird dann entlang der Gefäße bis an die Stelle des Gefäßverschlusses im Gehirn vorgeschoben. So kann das Blutgerinnsel dann mechanisch entfernt oder abgesaugt werden. Der Nachteil hierbei ist jedoch, dass in bis zu 10% der Fälle die Gefäße durch den Eingriff noch mehr beschädigt werden können.

Der Eingriff

Und obwohl der wichtigste Entscheidungsträger, der Sohn nicht zu erreichen war entschieden sich Frau und Tochter dafür der mechanischen Therapie eine Chance zu geben. Ohne Zeit zu verlieren, wurde der Patient in den Eingriffsraum der Radiologie geführt und unmittelbar mit der Behandlung begonnen. Dort warte schon der zuständige Arzt und sein Team. In Windeseile wurde der Katheter eingeführt und unter Röntgen bis zu den Gefäßen im Gehirn vorgeschoben. Allerdings schien der Eingriff nicht so leicht durchführbar wie erwartet. Über eineinhalb Stunden versuchten die Ärzte den Thrombus zu lösen!

Doch dann gab es endlich die Erfolgsnachricht! Der Thrombus konnte erfolgreich entfernt werden, die Gefäße waren wieder offen und das Gehirn konnte wieder mit Blut versorgt werden!

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